Kafkas Haus
DER DUNKLE HELLSEHER
In der Schreibstube eines Zweifelnden
Eine große Bühne für die drei großen Tabus unserer Tage: das Zweifeln, das Fragment und das Scheitern. »Kafkas Haus« ist ein Schauspiel, das die Erzählungen des Jahrhundert-Dichters dramatisiert. Es führt uns mitten hinein in die Schreibstube des Zweifelnden, der seinen Tag militärisch genau strukturierte und in der Nacht sein wahres Talent erwachen ließ. Dann schrieb er, wie im Wahn, und oftmals vernichtete er noch vor dem Morgengrauen, wozu andere Schriftsteller statt Stunden Monate gebraucht hätten. Die expressionistischen Bilder seiner Schriften sind uns fremd geworden. Und wir verwenden den Begriff »kafkaesk« zunehmend falsch in komischen Situationen, die vielleicht etwas »gaga« scheinen. Kafka aber war ein dunkler Hellseher, der in den Überlagerungen von Bildern und der andauernden Wiederholung von Motiven nicht die Komik, sondern die Wahrheit erblickte. Die Buddhisten raten, etwas gerade dann zu wiederholen, wenn es einem langweilig vorkommt.
Sie raten, es dann wieder zu tun und möglicherweise dann zu erkennen, wer man in dieser Situation selbst ist. Kafka lesen oder hören ist alles andere als langweilig, und vielleicht ist es noch immer den Menschen, die ihn fürchteten, zu »verdanken«, dass wir refl exhaft so denken. Die Nazis verboten Kafka und die Kommunisten taten es ihnen nach. Allein das sollte uns in Theater gehen lassen.
Laura Linnenbaum studierte Regie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt/Main. Seit 2011 arbeitet sie freischaffend unter anderem am Staatsschauspiel Dresden, am Theater Bonn, am Staatstheater Kassel und am Schauspiel Frankfurt, wo sie Stipendiatin des REGIEstudio war. Die Fachzeitschrift »Theater heute« nominierte sie 2017 in der Kategorie »Regisseurin des Jahres«.
Mise en scène
Décors
Costumes
Musik
Chorégraphie
Licht
Dramaturgie
»Franz Kafka, der selbst beim Verfassen seiner genialen Texte ab und zu gelacht haben soll, würde es in Saarbrücken schaudern – aus Ehrfurcht und aufgrund der Erkenntnis, welch hoher Grad an Realität seinen surrealen Arrangements doch innewohnt.«
Theater der Zeit, Oktober 2018, Björn Hayer
»Dann geht es bei Kafka natürlich immer auch um die Frage: Was ist hier real, was bilde ich mir nur ein? Also so eine paranoide Grundangst, die in der Inszenierung emotional geschickt getriggert wird von einer sparsam dosierten, aber suggestiven Bühnenmusik und von der strengen Ästhetik des Bühnenbilds, das natürlich ganz in Schwarz gehalten ist und als Requisite sich auf große rechteckige Tische beschränkt. Wieviel Angst kann man allein mit nackten, schwarzen Tischen erzeugen? Das ist unglaublich!«
Mehr hören ...
SR2 KulturRadio, 2.9.18, Reingart Sauppe
»Eine Welt, die der unsrigen verdammt nahe kommt. Dank des hochkonzentriert und glänzend spielenden Ensembles ein herausragender Abend, der die Stimmung im Land nicht besser ausdrücken könnte.«
Saartext, 2.9.18, Reingart Sauppe
»Mit Kafkas Haus portraitiert Linnenbaum also weit mehr als das Seelenleben eines Künstlers. Denn sind wir nicht alle ein bisschen K.?«
Mehr lesen ...
Nachtkritik, 1.9.18, Reingart Sauppe
»Dass das Hinübergleiten von einem Kafka-Auszug zum nächsten meist nahtlos gelingt, verdankt sich neben Linnenbaums alles andere als brachialer Montagetechnik den überaus nuanciert agierenden Darstellern. Allesamt halten sie (Anne Rieckhof, Ali Berber, Sébastien Jacobi, Philipp Seidler, Gregor Trakis, Philipp Weigand und Raimund Widra) selbst in manchen fast slapstickhaften Einlagen die Balance zwischen unfreiwilliger Komik und freiwilligem Ernst.«
mehr lesen...
Saarbrücker Zeitung, 3.9.18, Christoph Schreiner
»Faszinierend ist der Strom traumgleicher, die Realität bis zur Kenntlichkeit verfremdender Körper-Bilder und Situationen, in den man durch die ausdrucksstarke Gruppe hineingesogen wird: So sieht sich der frisch angeklagte K. (bemerkenswert auch hier der stirnlockige Raimund Widra, hohlwangig und mit fahrigen Gesten) einem endlosen Meer von Tischen gegenüber, an denen graue Anzugträger undurchschaubare Tätigkeiten verrichten.«
Theater heute, November 2018, Natalie Bloch