Wir sind die Guten
BOHNEN UND BOMBEN
Britischer Offensivgeist fürs Große und Ganze
Können wir unsere Kinder in der bewachten Wohnanlage schützen oder warten hier die Kofferbomber schon am Pool? Mark Ravenhill, führender Autor des britischen In-yer-face-Theaters, kredenzte 2007 solche kleinen Theater-Episoden beim Edinburgh-Festival zum Frühstück. Zu Bohnen und Würstchen wurde die hysterische Angst unserer Wohlstandsgesellschaft vor Gewalt und fehlender Vergangenheitsbewältigung diskutiert – das war ein Coup.
Wer glaubt, so viel Offensivgeist ist nichts für den gepflegten Theaterabend, sollte es dennoch probieren. Erstens gibt es keine Würstchen und keine Bohnen, und zweitens sind Ravenhills Miniaturen näher an den großen Dramen des antiken Theaters, als es auf den ersten Blick scheint. Und da ist noch etwas: Die Figuren in den von der neuen Schauspielchefin Bettina Bruinier ebenso neu zusammengestellten Szenen könnten unsere Nachbarn sein. Das Theater leuchtet also tief in die kollektive Seele des von Terror bedrohten Westens. Wer dem Puls des europäischen Theaters nachspüren möchte, ist hier zeitlos richtig.
Mise en scène
Bettina Bruinier
Décors
Volker Thiele
Costumes
Ayşe Gülsüm Özel
Vidéo
Ayşe Gülsüm Özel
Licht
Hans-Jörg Zöhler
Dramaturgie
Simone Kranz
Helen, Soldatin und andere
Lisa SchwindlingOlivia, Ruth und andere
Anne RieckhofHarry, Alex, Brian und andere
Raimund WidraSoldat ohne Kopf, Gary und andere
Michi WischniowskiAlan, Soldat und andere
Marcel BauschPatty, Haley und andere
Martina StruppekLiz und andere
Verena Bukal»Schauspielchefin Bruinier inszeniert eine Auswahl, die universellen Charakter für alle Demokratien hat. Folter zur Terrorbekämpfung? Mehr Zäune für mehr Sicherheit? Brandaktuelle Fragen!«
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SAARTEXT, 15.01.2018, Jonathan Janoschka
»Der Grad zwischen Normalität und Horror ist schmal. Trotz aller deutlich ironischen Kritik an dieser sich überlegen wähnenden, nach Perfektion strebenden Wohlstandsgemeinschaft, gelingt es Regisseurin Bruinier, der inneren Logik ihrer Figuren nachzuspüren. Mehr tragisch als logisch wirken diese Gutmenschen, die sich für die Guten halten und verzweifelt ihr Bild vom richtigen Leben verteidigen.«
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SR2, 13.01.18, Reingart Sauppe
»Regisseurin Bettina Bruinier illustriert mit bewußt gewählten, ruhigen und klug gesetzten Bildern die Neurosen einer angstgepeinigten Gesellschaft. Sieben der insgesamt 17 Kurzdramen, die der britische Dramatiker Mark Ravenhill als Zyklus unter dem Titel "Shoot/Get Treasure/Repeat" veröffentlichte, verwebt sie zu einem psychologischen Kammerspiel, das sich im Laufe des Abends immer mehr zu einer alptraumhaften und beklemmenden Apokalypse steigert.«
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Nachtkritik, 16.01.18, Reingart Sauppe