Reise! Reiser!
ABGEBROCHEN
Ein Abend über die wundersame Kraft des Scheiterns
Verlieren, um zu siegen? Verglühen, um danach noch heller zu erstrahlen? Sébastien Jacobis in Frankfurt entwickelter und mittlerweile weit gereister Abend „Reise!Reiser!“ kommt nun ins Programm des Staatstheaters Saarbrücken, da auch Sébastien Jacobi nun zum Ensemble gehört.
Der Abend ist wie geschaffen für das Motto der neuen Spielzeit: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Sicherheit“. Sicherheit? Die hatten weder Karl Philipp Moritz’ Romanheld Anton Reiser im ersten psychologischen deutschen Roman, der um 1790 entstand, noch der Sänger Rio Reiser, der mit seiner Band „Ton Steine Scherben“ den Soundtrack zur Hausbesetzer-Ära lieferte. Beide, Anton und Rio, waren Autodidakten und versuchten, mit der Kunst den Zwängen ihrer Zeit zu entkommen. In einer Welt des hemmungslosen Hedonismus erleben beide, dass sie die Selbstverwirklichung nicht als Karriereziel, sondern als Verdammung durchschreiten müssen. Die Zuflucht heißt Kunst, und das Scheitern der beiden Dilettanten wird zur Chance.
Wie kann das Ich überleben, wenn die Gesellschaft über es hinwegwalzt? Diese Frage ist heute so aktuell wie am Ende des 18. Jahrhunderts. Und wer den Abend schon sah, weiß, wie viel Kraft in diesem „anarcho-ästhetischen Musical“ (Offenbach Post) steckt. Die Frankfurter Rundschau meinte: „Das ist sofort grandios und zwar in der Turbodimension.“
Inszenierung
Sébastien Jacobi
Musik
Christoph Iacono
Dramaturgie
Horst Busch Simone Kranz
EMPTY
Sébastien JacobiVerena Bukal
Christoph Iacono
»Unterhaltsames, spielfreudiges Theater in überquellenden Ausdrucksformen. Das Ensemble nutzt seine Möglichkeiten aus Gesang, Performance, Filmeinspielungen und rasendem Panoptikum kraftvoll aus.«
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Saartext, 8. Oktober 2017, Heiner Dahl
»Je mehr dann die neben den beiden Reiser-Fährten ausgelegte dritte Stückebene – eingeflochtene Textauszüge aus dem Manifest 'Der kommenden Aufstand' von 2007, einer Generalabrechnung mit dem heutigen Kapitalismus – Raum gewinnt, desto mehr findet das Stück Erdung und Tiefe.«
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Saarbrücker Zeitung, 9.10.2017, Christoph Schreiner